Programm 

ZOOM-Link für die Vorträge 
am Freitag, 15.10

Kennwort: dekolonial

Geschwister-Scholl-Platz.1 – E004 

FREITAG, 15.10

14.45 Begrüßung 

15.00 Uhr   
COLONIALITY AND DECOLONIALITY AT LARGE
Walter Mignolo  (engl.)


Until 1990 it was believed that modernity was the totality, the only totality. The advent of the concept of coloniality put an end to the ilusion. Coloniality is a decolonial concept that emerged in and from the memories and legacies of the inaugural colonial moments of Western modernity and since then expanded all over the planet. For that reason, coloniality is not easy to sense and perceive in Europe and in the North Atlantic where only modernity (and post-modernity and subsequent posts- like post-humanism) is believed to be the only game in town. But the consequences are being felt in the past decades: "we are here because you were there" is the wake up call that immigrants and refugees brought to Europe. A healthy outcome of a orthodox believed in modernity, progress, development and market democracy.

16.00 Uhr Grundlagen Romanistik
Das Jetzt dekolonisieren: Lateinamerikanische und karibische Theorien der Dekolonisierung für eine gerechtere, lebenswerte und hoffnungsvolle Zukunft. 
– 
Dr. Daniel Graziadei


Es geht ums Ganze. Jetzt. Es geht darum, Dekolonialisierung, Ökokritik und Konsumkritik zusammenzudenken und daraus eine emanzipatorische Strategie zu entwickeln, die es den kommenden Generationen erlaubt, auf diesem Planeten friedlich zusammenzuleben. Hierzu habenlateinamerikanische und karibische Theorien bereits hochinteressante Positionen manifestiert und Maßnahmen postuliert, die ein friedvolles und gerechtes Zusammenleben jenseits der kolonialen und neoimperialen Denk- und Verhaltensmuster ermöglichen wollen.

In diesem Vortrag werden zentrale Positionen der Dekolonialisierung Lateinamerikas und der Karibik diskutiert und mit literarischen Inszenierungen des Erstkontakts in Aushandlung gebracht.Damit soll der Fokus auf Strategien der Überwindung körperlicher, mentaler und politischer Unterjochung liegen und die Frage diskutiert werden, welche Konsequenzen und Lehren wir aus diesen Theorien für eine Dekolonialisierung eurozentrischen Denkens, Lesens und Handelns ziehen können.

17.00 Uhr Break (15min)

17.15 Uhr Grundlage Ethnologie
Koloniale Muster: Ethnizitäten und Nationalideologien in Mesoamerika
Dr. Henry Kammler 

In der offiziösen Geschichtsdeutung der mesoamerikanischen Nationalstaaten stellt der Unabhängigkeitskrieg gegen Spanien die große dekolonisierende Zäsur dar. Aus Sicht großer Teile der Bevölkerung — insbesondere der indigenen und afromestizischen — ist das Ende der spanischen Vizekönigreiche hingegen nur eine von vielen Transformationen kolonialistischer Praktiken, die bis heute andauern. Zu den Herrschaftstechniken gehört(e) die Einteilung von Menschen und Gemeinschaften in ständische, „rassische“ oder ethnisch-sprachliche Kollektive, die derartige Etikettierungen in gewissem Grad übernahmen. Das reicht bis hin zur entkolonialisierend gemeinten Aneignung des mit dem Kolonialismus verknüpften Begriffes der „Nation“ durch indigene Gemeinschaften. Nicht zuletzt ist die soziale und politische Kategorie der/die/des Indigenen direktes Ergebnis des neuzeitlichen Kolonialismus. In nur scheinbarem Wiederspruch dazu steht die permanente patriotische Disziplinierung der Bevölkerung unter einer Nationalstaatsideologie, deren Logik auf sprachliche und kulturelle Homogenität abzielt. Der Vortrag soll eine kleine Schneise in den Dschungel kollektiver Identitäten der Region schlagen.

18.15 Uhr 

The Double Colonial Heritage and Decolonising Central Asian Studies 

- Dr. Rano Turaeva

 
Linda Tuhiwai Smith has early on (1999) set the standard for decolonizing research – with her famous dictum that “research is a dirty word” for most indigenous people around the world.  Feminists, decolonial thinkers, authors of writing culture debate, authors of post-colonial debate and many others made their point very loudly clear that things at least within such critical disciplines as anthropology cannot continue existing in the same modus as it was fifty years ago. We have another century, and we still only do the talking with minor change such as within the field of African studies, Latin American anthropology. Yet, Central Asia, the region where I come from (Uzbekistan) and where I did my ethnographic research, has not yet even arrived there where anthropologists within African studies or Latin American anthropology is. I will tackle those challenges and these problems within the field of Central Asia studies applying decolonial lense in my speech.

20.00 Uhr 

AbschlussdiskussionEurozentrismus: 
Nicht nur ein Thema der Ethnologie. Anregungen für einen interdisziplinären Austausch

SAMSTAG, 16.10

09.30 Uhr   Begrüßung

09.40 Uhr Impulsvortrag (Rom. Ling.):

Auto- und Heterorepräsentationen Afrikas im öffentlichen Raum (München) - linguistische Perspektiven zur Analyse (post-)kolonialer Diskurse
Dr. Sebastian Postlep

Der öffentliche Raum, in dem sich Sprecher*innen Tag für Tag bewegen, ist auch und vor allem durch (Schrift-)Sprache geprägt, bspw. in Form von Beschilderungen, Graffiti oder Plakaten. Dabei kann im Sinne perzeptionslinguistischer Modelle davon ausgegangen werden, dass neben den versprachlichten Informationen immer auch meta- und außersprachliche Repräsentationen und Einstellungen vermittelt werden bzw. einer fortwährenden Aktualisierung unterliegen. Anhand ausgewählter Beispiele von Ortsbeschilderungen, Restaurant- und Ladenbeschriftungen sowie Werbeplakaten in der Stadt München soll aufgezeigt werden, welche sprachlichen Mittel zum Einsatz kommen, wenn der afrikanische Kontinent im öffentlichen Raum thematisiert wird. Dabei sollen linguistische Methoden (wie das linguistic landscaping) und Beschreibungskategorien präsentiert werden, die zur Analyse (post-)kolonialer Diskurse beitragen können


10.00 Uhr Impulsvortrag (Rom. Ling.):

Namen und Vereinnahmungen - Onomastische Aspekte im kolonialen und postkolonialen Kontext Hispanoamerikas
Dr. Eva Stoll 

Namensgebung hat mit Macht zu tun. Koloniale Herrschaft äußert sich in typischen Benennungspraktiken, in denen sich das europäische Sendungsbewusstsein spiegelt und mit denen die Eigenständigkeit und der Selbstwert autochthoner Gesellschaften unterwandert werden.

In einem ersten Teil des Vortrags soll anhand ausgewählter Beispiele aufgezeigt werden, wie im hispanoamerikanischen Raum Menschen, ethnische Gruppen, kulturelle Gepflogenheiten und Orte durch die Kolonialherren benannt bzw. umbenannt wurden. In einem zweiten Teil werden Überlegungen angestellt, ob in postkolonialer Zeit diese Strukturen weitergeführt werden und inwiefern Ansätze vorliegen, die über­kommenen kolonialen Benennungs­praktiken zu reflektieren und aufzubrechen.

10.20 Uhr Impulsvortrag (Rom. Ling.):

Die Sprachen in Hispanoamerika nach dem Unabhängigkeitskrieg
Dr. Martha Guzmán

Die Sprachen in Hispanoamerika nach dem Unabhängigkeitskrieg

Als der Hispanoamerikanische Unabhängigkeitskrieg endete, sprach nur etwa jeder hispanoamerikanische Mensch Spanisch und mehrere indigene Sprachen hatten eine viel größere Ausdehnung als heute. Die Unabhängigkeit von Spanien hatte dann die Verbreitung des Spanischen und den Niedergang der indigenen Sprachen in Hispanoamerika zufolge. In diesem Vortrag möchten wir, anhand von Texten dieser Zeit analysieren, was passiert ist und was über die Sprachen in dieser entscheidenden Periode der hispanoamerikanischen Geschichte gedacht wurde.


10.40 Uhr Fragen & Diskurs 

11.15 Uhr Break

11.30 Uhr Vortrag (Rom. Lit.)

Brüche und Kontinuitäten. Kamel Daoud liest Camus' ‘L'Étranger’
Dr. Dagmar Stöferle

Können literarische Texte dekolonisiert werden? Camus‘ L’étranger aus dem Jahr 1942 galt lange Zeit als ‚westlicher‘ Literaturklassiker, obwohl der Text von algerischer Seite schon sehr früh kritische Gegenstimmen provoziert hat. Christiane Chaulet-Achour hat diese Texte 1998 gesammelt und in Erinnerung gerufen (vgl. Albert Camus. L’étranger et autres récits). Kamel Daouds 2013 zuerst bei dem kleinen algerischen Verlag Éditions barzakh erschienener Roman Meursault, contre-enquête ist aber mehr als eine einfache Gegenstimme. Daoud kritisiert Camus‘ Buch mit dessen eigenen literarischen Mitteln. Der Protagonist Haroun ist der Bruder des damals von Meursault grundlos niedergeschossenen Arabers und versucht, den Gründen der damaligen Tötung auf die Spur zu kommen – was nicht gelingt. Stattdessen kippt die Ermittlung in den Gestus eines Geständnisses; und Daouds Haroun erweist sich sowohl als ein zweiter Meursault als auch als ein zweiter Clamence in Anlehnung an Camus‘ späteren Text La chute. Daoud erinnert mit seiner Version des Fremden an eine Gewalt, die auch Dekolonisierungsprozessen innewohnt. Der Text zielt auf eine Dialektik der (De-)Kolonialisierung, die erst außerhalb des Textes, erst durch seine Leser*innen, gebrochen werden kann.



12.15 Uhr Vortrag (Rom. Lit.)

Koloniale Kindheit – Dekoloniales Schreiben aus den Blog-Einträgen und Kolumnen der portugiesischen Autorinnen Isabela Figueiredo und Dulce Maria Cardoso : eine Lektüre 
Luisa Costa Hölzl  

Isabela Figueiredo (*1963) lebte die ersten 11 Jahre ihres Lebens in Lourenço Marques (heute Maputo), Mosambik; auch Dulce Maria Cardoso (*1964), wuchs in in Luanda, Angola auf und ging mit ihren Eltern als „retornada“ (Rückkehrerin)1975 nach Portugal. In ihren Texten tauchen beide Autorinnen in eine längst vergangene koloniale Kindheit ein: Beide berichten kritisch-distanziert und ohne Nostalgie aus dem Standpunkt des unschuldigen, zugleich wissenden Mädchens, sodass es ihnen gelingt, die Machtverhältnisse in kolonialem Kontext zu entlarven.

Ihre Werke leisten im postkolonialen Portugal einen bedeutenden Beitrag zur Neujustierung des kollektiven Gedächtnisses und zur Findung einer post-imperialen Identität.

Da die hier ausgewählten Texte medial gut aufgestellt sind, erreicht die postkoloniale Thematik dadurch ein breites Publikum und bekommt somit eine Chance, außerhalb von Akademie und geschlossenen literarischen Kreisen beachtet zu werden.


13.00 Uhr Lunch


14.00 Uhr

Workshop – Koloniale Kontinuität: Die Auswirkung in unsere Gesellschaft
– Hamado Dipama


15:30 Break



15:45 Workshop

[muc] postkolonial  –  Koloniale Kontinuitäten in München

München stand nicht im Zentrum des kolonialen Geschehens. Dennoch hat sich der Kolonialismus tief in die Münchner Stadtgesellschaft eingeschrieben und diese dauerhaft geprägt. Die Vielzahl an kolonialen Ablagerungen und Spuren, die sich auch heute noch im Münchner Stadtraum finden, macht die historische und gegenwärtige Präsenz post/kolonialer Realitäten deutlich. Im Vordergrund unserer Auseinandersetzung steht jedoch nicht eine besondere Rolle Münchens im Kolonialismus. Es geht vielmehr darum, am Beispiel der Stadt München die vermeintlich banale Alltäglichkeit kolonialistischer Weltbilder und post/kolonialer Verhältnisse in ihren Breiten- und Tiefenwirkungen an die Oberfläche zu holen und auf diese Weise reflektier- und verhandelbar zu machen. Die Projekte, an denen wir als Gruppe [muc] münchen postkolonial in den letzten Jahren beteiligt waren, erkunden post/koloniale Spuren in München. Manche dieser Spuren sind offensichtlich, ein großer Teil erschließt sich erst bei genauerem Hinsehen, viele bleiben zunächst unsichtbar: die Statue eines Kolonialbildhauers, die verblassenden Markierungen einer kolonialen Gedenktafel auf einer Friedhofsmauer, eine umbenannte Strasse, ein nicht mehr existierendes Grab. Als sicht- und unsichtbare Verortungen im städtischen Raum dienen sie als Fenster die Verschränkungen von Geschichte und Gegenwart post/kolonialer Verhältnisse in den Blick nehmen und befragen.

Workshop und Stadtrundgang von [muc] münchen postkolonial (muc.postkolonial.net). Da der Workshop schon auf den Rundgang vorbereiten soll, ist eine Teilnahme an beidem wünschenswert. 

Sonntag, 17.10 11Uhr

Stadtrundgang [muc] postkolonial 

"München stand nicht im Zentrum des kolonialen Geschehens. Dennoch hat sich der Kolonialismus tief in die Münchner Stadtgesellschaft eingeschrieben und diese dauerhaft geprägt. Die Vielzahl an kolonialen Ablagerungen und Spuren, die sich auch heute noch im Münchner Stadtraum finden, macht die historische und gegenwärtige Präsenz post/kolonialer Realitäten deutlich. Im Vordergrund unserer Auseinandersetzung steht jedoch nicht eine besondere Rolle Münchens im Kolonialismus. Es geht vielmehr darum, am Beispiel der Stadt München die vermeintlich banale Alltäglichkeit kolonialistischer Weltbilder und post/kolonialer Verhältnisse in ihren Breiten- und Tiefenwirkungen an die Oberfläche zu holen und auf diese Weise reflektier- und verhandelbar zu machen. Die Projekte, an denen wir als Gruppe [muc] münchen postkolonial in den letzten Jahren beteiligt waren, erkunden post/koloniale Spuren in München. Manche dieser Spuren sind offensichtlich, ein großer Teil erschließt sich erst bei genauerem Hinsehen, viele bleiben zunächst unsichtbar: die Statue eines Kolonialbildhauers, die verblassenden Markierungen einer kolonialen Gedenktafel auf einer Friedhofsmauer, eine umbenannte Strasse, ein nicht mehr existierendes Grab. Als sicht- und unsichtbare Verortungen im städtischen Raum dienen sie als Fenster die Verschränkungen von Geschichte und Gegenwart post/kolonialer Verhältnisse in den Blick nehmen und befragen."

Workshop und Stadtrundgang von [muc] münchen postkolonial (muc.postkolonial.net). Da der Workshop schon auf den Rundgang vorbereiten soll, ist eine Teilnahme an beidem wünschenswert.